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Alleine wohnen, Teil II

Ende Januar hat das Auslandssemester meines Freundes begonnen, ich war also gezwungen, für fünf Monate allein in unserer gemeinsamen Wohnung zu wohnen. Darüber hatte ich schon einmal berichtet, kurz nachdem er geflogen ist. Heute werde ich ihn vom Flughafen abholen, meine Zeit als einzige Bewohnerin dieser Wohnung ist also heute vorbei.

Nun ja, was soll ich sagen? Man gewöhnt sich an alles. Ich habe jetzt fast fünf Monate am Stück alleine hier verbracht und habe mich mit währenddessen ganz gut mit der Situation arrangiert.

Erlebt

Ich habe die Zeit genutzt und ein paar Sachen gemacht, die ich sonst vielleicht nicht unbedingt gemacht hätte, oder auch andere Sachen von meiner Day-Zero-Liste, die mir die Zeit bis heute enorm verkürzt haben. Zum Beispiel wild beim Kochen herumexperimentiert. Oder neue Sportarten ausprobiert. Bei einem Flashmob mitgemacht. Neue Restaurants getestet.  Alle Bio-Supermärkte der näheren und weiteren Umgebung erkundet. Das Badezimmer aufgemotzt. Und mit zwei meiner Freundinnen eine regelmäßige, wöchentliche Verabredung zum Kochen getroffen. (Falls jemand von euch eine solche Situation noch vor sich hat oder gerade drinsteckt: das kann ich wirklich empfehlen, gemeinsam kochen beseitigt gleich mehrere unschöne Aspekte des alleine Wohnens auf einmal: man muss nicht alleine spülen, man muss nicht für eine Person kochen, man hat jemandem zum Quatschen und die Wohnung ist nicht immer so leer.) Ich konnte mich mit der Zeit überraschend gut mit der alleinigen Verantwortung für den Haushalt abfinden, aber das lag wohl am ehesten daran, dass es schlicht keine andere Lösung gab, als alles selbst zu machen.

Die Geräusche der Nachbarn (und des Kühlschrankes) sind immer noch so laut wie ich sie anfangs wahrgenommen habe, bloß stören sie mich jetzt nicht mehr so sehr. Die Wohnung fühlt sich aber nicht mehr so komisch an wie am Anfang, das ist wohl einfach Gewöhnungssache.

Besonders froh bin ich, dass ich Skype als wichtigstes Kommunikationsmittel jetzt erstmal wieder getrost vergessen kann. Denn auf Dauer nervt dieses ewige Telefonieren über Skype ohne Ende. Mit Bild, schön und gut; sich vom Tag erzählen, schön und gut. Aber dann hört es auch schon auf mit den positiven Aspekten. Hinter jedem Skype-Gespräch steckt neuer Organisationsaufwand, weil man ja immer einen ungefähren Zeitpunkt verabreden muss und der ist logischerweise jeden Tag anders. Ständig gibt es irgendwelche Verbindungsprobleme, dies und das funktioniert mal nicht, spontane Verabredungen oder Partys durchkreuzen Abmachungen – es nervt einfach alles.

Gelernt

Gelernt habe ich aus der Sache vor allem (mal wieder), dass es gar nicht so schlimm ist, wie ich mir das anfangs ausgemalt habe. Im Großen und Ganzen hat mich mein Freundeskreis gut aufgefangen und mich öfter mal vor der Einsamkeit gerettet (und das kam auch von Menschen, mit denen ich vorher gar nicht so sehr viel zu tun hatte, danke an dieser Stelle).

Gelernt habe ich allerdings auch, auf wen ich mich verlassen kann und auf wen nicht. Oder eher, wer ein ungefähres Verständnis einer Situation hat, in der der Partner plötzlich weg ist und basierend auf dieser Vorstellung handelt und wer nicht. In dem ein oder anderen Fall habe ich da eine herbe Enttäuschung eingesteckt und ich weiß bis heute noch nicht so richtig, wie ich mit dieser Erkenntnis jetzt umgehe.

Was ich mir allerdings überlegen werde, wenn ich nochmal in eine solche Situation kommen sollte, ist, mir ein Hobby zu suchen, das sich größtenteils am Wochenende abspielt. Wochenenden sind oft doof, weil (in meinem Bekanntenkreis) dann fast alle mit ihren Partnern zusammen sein wollen – wie ich normalerweise auch. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass ich dann eben mit mir selbst zusammen sein muss, wenn mein Partner nicht da ist.

Andererseits habe ich das Allein sein auch bis zu einem gewissen Punkt schätzen gelernt. Es hat viele negative Aspekte, andererseits gibt es auch viel Raum für eigene Gedanken und Entscheidungen.

Geplant

Ganz abgesehen davon, dass ich hier von meinem langjährigen Partner schreibe, der heute endlich wieder nach Hause kommt, freue ich mich vor allem auf die pragmatischen Aspekte des Zusammenlebens, die ich heute noch genauso vermisse wie am Anfang. Wir können uns die Aufgaben im Haushalt wieder teilen, ich muss nicht mehr alles allein machen. Kein allein einkaufen mehr, kein Bad putzen mehr (YEAH! Ab heute bin ich diese elende Aufgabe endlich wieder los), gemeinsam zu Abend essen und gemeinsam frühstücken. Außerdem muss ich nicht mehr alles, was Wohnung und Auto betrifft, allein entscheiden.

Geplant ist in jedem Fall, einiges aus meiner Zeit alleine hier beizubehalten und in die (jetzt wieder neue) Situation des Zusammenlebens zu integrieren, beispielsweise die Kochtreffen. Mal sehen, wie das klappt.

Ansonsten bin ich sehr gespannt auf das Zusammentreffen von unseren jetzt vermutlich nicht mehr so gut aufeinander abgestimmten Lebensweisen. Nicht nur, was Dinge wie meine regelmäßigen Verabredungen angeht, sondern auch in Punkten wie geänderten Ess- oder Schlafgewohnheiten, neuen Vorlieben bei Fernsehserien, andere Arbeitstechniken etc. Eben bei allem, das man trotz Skype nicht so bewusst mitkriegt. Die erste Woche wird mit Sicherheit lustig bis turbulent. Wenn etwas Aufregendes, Lustiges oder anderweitig Bemerkenswertes passiert, werde ich als Abschluss dieser Reihe auch darüber noch berichten.


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